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THEMA: Berechnung der Anzahl der Stände in einem Lokschuppen

THEMA: Berechnung der Anzahl der Stände in einem Lokschuppen
Startbeitrag
WeBe - 01.04.24 18:32
Hallo,

ich habe eine Frage an die Experten für Bahnbetriebswerke:

Auf einer Modellbahnanlage bestimmt der vorhandene Platz und das dargestellte Thema, vielleicht auch welche Modelle von Lokschuppen im Handel erhältlich sind, letztlich wie viele Stände der Lokschuppen hat.
Wie war es zur Zeit des Baues des Lokschuppens im Original?
Ich denke, dass der Bedarf an Loks, die Rolle des Bahnhofs im Netz der Bahngesellschaft, der vorhandene Platz und finanzielle Mittel vorrangig bestimmten. In vielen Fällen wurden Lokschuppen bei wachsendem Bedarf erweitert.
Die eigentliche Frage ist: Gibt es überlieferte Regularien für die Bestimmung oder Berechnung der Anzahl der Lokstände in Abhängigkeit von der Anzahl der zu versorgenden Loks oder von anderen Größen?
Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass die damaligen Planer nach Gutdünken oder nur nach ihren Erfahrungen gehandelt haben.

Über sachdienliche Hinweise würde ich mich freuen. Danke im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd


Hallo Bernd,

Du hast in obiger Aufzählung eigentlich alle wichtigen Aspekte (Rolle im Netz, vorhandener Platz, Finanzierung und zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten) bereits genannt.

In einem seinerzeitigen Standardwerk aus dem Jahr 1928 ("Bahnhofsanlagen", Prof. H. Wegele, TH Darmstadt) wird als Planungsgröße 3/4 der zu beheimatenden Lokomotiven als Anzahl der Schuppenstände angegeben. Was die Länge der Schuppenstände angeht dann ggf. noch für Schlepptender-Dampfloks differenziert nach 19 m, 21 m und 23 m Länge.
Historisch interessant ist, dass die meisten der heute noch erhaltenen großen Ringlokschuppen zwischen ca. den 1880er Jahren und 1910 entstanden sind. Ursprünglich wurden sie daher um Drehscheiben mit 16 m bzw. 18 m Durchmesser gebaut. Drehscheiben mit 20 m Durchmesser kamen erst ab ca. 1907 auf. D.h. die radiale Anordnung (Winkelteilung) der Schuppenstände war, bei Nachrüstung größerer Drehscheiben (v.a. 20 m und 23 m), vorgegeben. Man hatte in den meisten Fällen dann nur noch die Möglichkeit die Schuppenstände zu verlängern.

Vielleicht hilft Dir das ein bisserl weiter.

Gruß

   Wolfgang
Hallo Wolfgang,

danke für die ausführliche Antwort.

Genau so eine Angabe, wie „3/4 der zu beheimatenden Lokomotiven als Anzahl der Schuppenstände“ suchte ich.
Dieser mich doch etwas überraschende hohe Richtwert zeigt, dass man damals großen Wert auf eine werterhaltende, vor Witterung geschützte Unterbringung der Lokomotiven gelegt hat. Die Verfügbarkeit einsatzfähiger Lokomotiven war (und das ist auch heute so) ein großes Kapital der Eisenbahngesellschaften.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd
Moin Bernd,

das legte jede Bahngesellschaft selber fest. Es gab Leute die drauf achteten, das für jedes Fahrzeug auch eine Halle da war (z.B. altes Bw Weissach der WEG) und anderswo baute mal ursprünglich einen kleinen Lokschuppen und nutzte den später nur noch als reine Werkstatt und die Fahrzeuge standen das ganze Jahr nur unter freien Himmel.

Bahnbetriebswerke werden bis heute immer noch neu gebaut auch teils immer noch mit Drehscheiben (siehe Bw Nürnberg Rbf), von daher kommt es auch immer drauf an wann ein Bw errichtet wurde und welche Bedeutung es hatte. Es gab z.B. Bahnbetriebswerke die sind seit ihrer Errichtung kaum verändert bzw. erweitert worden z.B. Nördlingen, oder Salzwedel, was oftmals dem Geldmangel geschuldet war, währende andere immer sich massiv veränderten teils durch Ausbau, teils durch Neuaufbau nach Kriegsschäden, usw. . Es gibt sogar Bahnbetriebswerke die sind seit Errichtung bis heute sogut wie unverändert, z.B. Bw Neuoffingen, da wurde nur die Drehscheibe stillgelegt.

Wichtig ist vorallem die Epoche die dargestellt werden soll. So haben sich seit Ende der Kaiserzeit die Bahnbetriebswerke bis Mitte der 1930er über 20 Jahre kaum verändert, weil durch Reperationen, Inflation und Weltwirtschaftkrise die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft und ihre Vorgänger immer klamm waren. Es gab zwar viele Wünsche und Pläne, aber nicht genug Geld um im großen Stile Bahnbetriebswerke zu erweitern. Erst mit dem Aufkommen immer längerer Einheitsloks, wurden auch entsprechende größere Drehscheiben und Lokschuppen benötigt. Wo zu Kaiserzeiten meistens noch eine Drehscheibe mit 16 Meter reichte um eine P8, G8.1, G8.2, oder G10 z.B. zu drehen, tat es dies mit Beheimatung von größeren Pacifikschnellzugloks und vorallem den großen Schlepptendereinheitsloks dies nicht mehr und ab zweiter Hälfte der 1930er Jahre wurden die Bahnbetriebswerke entsprechend ausgebaut, damit man auch eine 50 und 52er drehen konnte. Entsprechend wurden dann auch gleich größere Bekohlungsanlagen und zeitgemäßere Sozialtrakte mit vorallem besseren Waschräumen realisiert und endlich an die Lokschuppen mit angebaut. Auch wurden die Lager und sperate Werkstatträume dann ausgebaut bzw. neu separat errichtet. Auch tauchten die ersten separaten sogenannten Triebwagenschuppen auf. Auch die Heizanlagen in den Betriebswerken wurden angepasst, wo vorher noch spartanisch Feuerkörbe und simple Kanonenöfen standen, was im Winter mehr schlecht als recht wärmte , waren diese nimmer ausreichend und zeitgemäß und wurden durch separate Heizhäuser ersetzt.

Ob und wie sich ein Bw aber entwickelte hing von verschiedensten Faktoren ab. Entscheidend sich auch die Schuppenbauformen, bei einer Rotunde war eine Erweiterung kaum möglich, so dass dort mit der Zeit meist seperat neue längere Scheiben und Schuppen. Auch wechselten die Bahnbetriebwerke durch politische Veränderungen, z.B die Direktion, es kam zur Ziehung neuer Grenzen, usw. auch die Zuständigkeiten, so dass entsprechend Züge auf unterschiedlichen Relationen mit neuen Anforderungen bespannt werden mussten, bzw. sich Verkehrsströme auch grundsätzlich änderten. So sind aber teilweise auch Leistungen teils massiv weggefallen, so dass die ein, oder andere Anlage auf einmal zu groß war bzw. nicht mehr weiter ausgebaut werden mussten.

Mach dir also vorab einen Plan, welche Züge gehen von deinem Bahnhof ab und müssen vom hiesigen Bahnbetriebswerk bespannt werden und mit welchen Maschinen. Entsprechend der Epoche entwickelt sich dann das Bahnbetriebswerk, was aber für gewöhnlich meist immer eher eine Nummer zu klein als zu groß war.


Gruß, Matthias
Hi in die Runde,

neben den schon genannten Kriterien kam es stets auch auf den Verwendungszweck des Bws an. So hatte das Bw Neuenmarkt-Wirsberg in seiner Hochzeit der 30er und 40er Jahre im Schnitt gerade mal 25 beheimatete Lokomotiven, denen 2 Rundschuppen mit insgesamt 29 Ständen gegenüber standen! Was hier aber auch der Lage geschuldet war, am Fuße der Schiefen Ebene und zusätzlich der Stich-(Haupt-)Strecke nach Bayreuth. Immer wieder waren Loks anderer Bws hier zum Übernachten zu Gast, wurden restauriert und bis zum nächsten Morgen im Schuppen unter Ruhefeuer abgestellt. Um am nächsten Tag wieder den Gegenzug zu übernehmen. Bis Ende der Epoche 2 mußte da keine Lok "außen vor" bleiben...

Grüße
Roland
Hallo,
neben der schon in #1 benannten Quelle
Zitat - Antwort-Nr.: | Name:

"Bahnhofsanlagen", Prof. H. Wegele, TH Darmstadt

gibt es im "Netz" auch noch den "klassischen" Röll - Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Wien/ Berlin 1915
http://www.zeno.org/Roell-1912/A/Lokomotivschuppen#Lokomotivschuppen223
In der Abb. 223 wird ein Berechnungsverfahren zur Ermittlung einer zweckmäßigen "Ständeanzahl" auch grafisch dargestellt.
Die hier zuvor gemachten Informationen sind vielschichtig und beschreiben im Allgemeinen die( vielen) Aufgabenbereiche eines Bahnbetriebswerks, quasi von der "Drehscheibe" bis zur dezentralisierten Heizanlage mit eigener Feuerungseinrichtung, dem "Kanonenofen" -> deren Heizkosten auf 100 cbm Raumvolumen zu berechnen sind und (nur) eine Temperatur von 15-20 Grad Celsius erreichen müssen (s. Cornelius "Entwerfen und Bauen von Lokomotivschuppen", 1909
Neben den gut gemachten Veröffentlichungen von M. Tiedke (EK-Verlag u. a.) empfehle ich noch zur "Prosa-freien" Weiterbildung: Köhler/ List "Das Bahnbetriebswerk zur Dampflokzeit", Berlin 1987
VG
Ralf
Hallo,
vielen Dank für die informativen Worte.

Für mich sind diese die nachträgliche Bestätigung dafür, dass es in meinem Bahnbetriebswerk 5 überdachte Lokstände im kleinen Ringschuppen und 2 aus Platzgründen etwas kürzere links bzw. rechts des Schuppens gibt.
Als ich meine Anlage baute, habe ich nur die Erfahrungen (im wahrsten Sinn der Worte) aus meiner Kinder- und Jugendzeit umgesetzt, denn zu Zeiten des Traktionswandels von Dampf zu Diesel gab es damals noch häufig komplette Infrastruktur für Dampfloks mit der Tendenz diese mit möglichst geringem zusätzlichem Aufwand (z. B. Tankanlage) auch für Dieselloks zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd
Hallo Mitropa,

wenn du vom alten Bw Weissach der WEG schreibst könnte man glatt meinen es gäbe dort in Weissach inzwischen auch ein neues Bw...
Die WEG hatte in Weissach drei Hallen für Triebwagen. Nach der Einstellung des Stückgutverkehrs (Mitte der neunziger Jahre) konnte sogar noch die ehem. Stückguthalle als vierte Halle genutzt werden. Dennoch passten auch bei der WEG in Weissach (oder auch in Neuffen) nie alle Fahrzeuge in die Hallen. Gerade über das Wochenende (damals noch Betriebsruhe) standen in Weissach regelmäßig zwei Triebwagen im freien abgestellt.  
Auch bei der neuen WEG-Werkstatt in Korntal passten von Anfang an nicht alle Regioshuttle in die Hallen. Letztes Jahr wurden sogar noch zwei gebrauchte Regioshuttle erworben und an die vorhandenen Regioshuttles optisch und technisch angepasst.
Heute ist das im freien stehen von Fahrzeugen dank Warmhaltevorrichtungen aus technischer Sicht kein Problem mehr. Allerdings ziehen heutzutage im freien stehendes Fahrzeug die "Künstler" aus der Graffiti-Szene an. Von daher machen Hallen für möglichst alle Fahrzeuge doch wieder Sinn.

Grüße
Markus

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Moin,

#6 Bernd mit fünf Ständen unter Dach hast es eh sehr klein und übersichtlich. Klingt ja noch fast nach Kaiserzeit. Solche kleinen Ringlokschuppen gab es, diese wurden aber selten noch ausgebaut und sie behielten meist auch ihre relativ kurzen Drehscheiben, welche nur noch mit der Zeit soweit wie nötig bzw. technisch möglich verlängert wurden. Schau dir z.B. mal die Bahnbetriebswerke Pritzwalk, Neustadt-Dosse, oder die letzte planmäßige regelspurige Dampflokseinsatzstelle in Deutschland, das Bw Oschersleben an, das waren so kleine Betriebsstellen, mit sehr überschaubaren baulichen Anlagen, welche zumeist sehr komprimiert beeinander lagen.

#7 Markus, es kommt alles auf die Sichtweise an. Gehe mal in der Zeit bevor Anschaffung der Regioshuttle  bei der WEG zurück, wo nur Esslinger und NE81 vorhanden waren.😉 Deine Bilder zeigen nur die Zeit danach.
Davor passte alles in besagte Hallen/Werkstatt was geplant war und für die Streckengröße war die Weissacher Halle schon Eindrucksvoll als ich das erste mal drin stand, da wusste man sein materielles Betriebsvermögen auch ordentlich zu schützen. Das dies nach dem Kauf neuer Fahrzeuge nimmer passte war klar, da man sich von Altfahrzeugen widerum nicht so schnell trennten. Wiessach und Neuffen nicht vermengen, zwei verschiedene Betriebsstätten mit unterschiedelichen Werkstattleitern, wobei beide sehr freundlich zu Museumsbahnern waren, welche eines ihrer alten Schätzchen übernommen hatten. Trotzdem nicht vergleichen, Weissach schön geplant und aufgeräumt und Neuffen wo über die Jahrzehnte nicht nur bei den Fahrzeugen wild herumgebastelt und neues einfach rangeklatscht wurde.🤭


Gruß, Matthias
Zitat - Antwort-Nr.: 8 | Name: Mitropa

Gehe mal in der Zeit bevor Anschaffung der Regioshuttle  bei der WEG zurück, wo nur Esslinger und NE81 vorhanden waren.



Hallo Matthias,

die Zeit wo nur Esslinger und NE81 bei der WEG vorhanden waren gab es leider nie. Als die ersten drei NE81 nach Weissach kamen wurde der letzte Esslinger nach Neuffen abgeben. In Weissach waren dann neben den drei NE81 noch fünf MAN und zwei Auwärter VT vorhanden. Dazu noch mehrere zweiachsige Beiwagen, eine Mak Stangendieselok und später noch die V216. Auch vor dem Zeitalter der Regioshuttle hatte in Weissach nicht  alles in den Hallen Platz. Das darfst du mit ruhig glauben da ich schon 1980 das erste mal im Bw Weissach war (und ich auch lange Jahre vor Ort gewohnt habe).

Bei den Privatbahnen gab es am Wochenende und in der Nacht im Normalfall Betriebsruhen.  Bei der Staatsbahn war/ist ein Teil der Fahrzeuge auch am Wochenende und Nachts unterwegs.

Grüße
Markus

Moin Markus,

mir sagte ein ehem. WEG'ler der auf verschiedenen Strecken sich auskannte, in Weissach hätte es für jeden Meter VT auch einen Meter Halle gehabt, das letzte mal wo ich in der Halle untertags war (vor vielen vielen Jahren), war da sogar noch viel Platz drin. War eindrucksvoll für so'n kleines Bähnle. Aber ist jetzt auch egal, die wird ja eh anderweitig mitlerweile genutzt. Wer nun recht hatte da müsst ihr Schwaben ggf. euch dann schon selber die Köpfe einschlagen, ich halte mich da raus. Der eine schwätzt dies, der andere das. Ich steh da außen vor.🤷‍♂️ Das in Weissach zügig die Esslinger Unterhaltung aufgegeben wurde, war mir bekannt, trotzdem sind wir damals alle ehem. Werkstätten abgeklappert auf der Suche nach alten Ersatzteilen. In Weissach war nix mehr, aber für'n Verein konnten wir in Neuffen, die alten Lagerbestände übernehmen, die eh geräumt werden sollten. Wenn ich seh was aus dem Projekt wieder geworden ist, könnt ich heulen, aber ich weiss auch was das für Arbeit ist, allein die ollen Regenabläufe, die bescheidenen Innenverkleidungen, die ganze Steuerung die selbst bei der WEG jedesmal auf's neue verkabelt wurde und der ganze Unterflurmist wo du nur mit viel Manpower und Kraft halbwegs vorangekommen bist in der Werkstatt aus Kaiser's Zeiten.😩 Bis man da VT und VS durchsaniert, hauptuntersucht und technisch wieder verheiratet hat, ohje.🙉🙊🙈


Gruß, Matthias


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